In einem Sprichwort heißt es, dass die Kirche im Dorf bleiben müsse. Unsere Kirche allerdings nicht, denn sie wurde nördlich des eigentlichen Dorfkerns auf einem beherrschenden Hügel erstellt. (Die erste Kirche war wohl nur eine kleine Holzkirche.) In dem Wolvaldschen Vertrag von 972 wird neben Berckenmarehusa, unserem Erdmannhausen, auch das nördlich davon gelegene Husa erwähnt, das später abgegangene Weikershausen (es lag in der Nähe des heutigen Industriegebietes, Bereich Weikershausener Str.). Wollte man durch diese Lage die kirchlichen Bedürfnisse des nahen Weilers berücksichtigen?
An der Januariuskirche fällt sofort der massige, wie ein Bergfried (Hauptturm einer alten Burg) wirkende Turm auf, der anfänglich nur durch eine hochgelegene Pforte mit einer Leiter zugänglich war. Er stammt vermutlich aus dem 13. Jahrhundert und ist der älteste Teil der Kirche. Obgleich sie zum Typ der so genannten Wehrkirchen gehört, bedeutet das für unsere Kirche nicht, dass der Turm der aktiven Verteidigung diente. Während kriegerischer Ereignisse und bei Raubzügen bot er Zuflucht für die Dorfbewohner und war sicherer »Tresor» für wertvolle Dinge und Archivalien; als Glockenturm war er auch »Nachrichten- und Signalstelle«. Das auf der Ortsansicht (1686) von Kieser abgebildete spitze Zeltdach des Turms war Ende des 18. Jahrhunderts so stark beschädigt, dass an eine Reparatur nicht mehr zu denken war.
Ohne den »Dienstweg« einzuhalten, wandte sich die Gemeinde direkt an einen Marbacher Werk- und Zimmermeister, der den Riss für das heutige Dach fertigte. Die »Kommunvorsteher« mussten freilich wegen dieser Eigenmächtigkeit einen obrigkeitlichen Rüffel einstecken. Im Jahre 1801 wurde die »welsche«, d.h. eine eigentlich nicht in unsere Gegend passende, spätbarocke Haube mit abschließender Laterne (Türmchen mit Fenstern auf einer Kuppel) auf den Turm gesetzt.
Der halbachteckige Chor wurde nach dem Turm und sich an diesen anlehnend gebaut.
Da das Taufbecken der Januariuskirche die Jahreszahl 1494 trägt und es vermutlich für die Kirche gestiftet wurde, konnte man annehmen, dass das Kirchenschiff vor dieser Zeit erbaut wurde, nur wusste
man nicht, wie lange vorher. Eine Sternstunde für die Kirchenbaugeschichte war es sicherlich, als im Jahre 1994 bei der Umgestaltung des Kirchenvorplatzes zufällig der Grundstein des Kirchenschiffs
unter der SW-Ecke entdeckt wurde. In ihn sind ein Kreuz in mittelalterlicher Form und die Jahreszahl 1493 eingemeißelt (die 4 ist als halbe 8 dargestellt).
Quelle: »Erdmannhäuser Geschichte und Geschichten«, Dieter Duill