»Tut mir auf die schöne Pforte ...«

Betritt man unsere Kirche, geht der Blick nach Osten, zum »Orient», aus dem das Licht kommt und wohin sich Christen »orientieren«. Das dreiteilige Glasfenster der Kirche, schuf der Besigheimer Kunstmaler Fred Stelzig 1963. Das zentrale Fenster zeigt Christus beim Besuch der Schwestern Martha und Maria in Bethanien (Lukas 10, 38-42). Links sitzt Maria und »hört auf Christus«: Sie steht für die »Vita contemplativa«, das »betrachtende, beschauliche Leben«, das sich in Gottes Wort versenkt. Die dienende Martha bringt Früchte: Sie symbolisiert die »Vita activa«, die tätige Hinwendung zum Mitmenschen. Auf dem linken Nebenfenster ist nur ein Alpha und auf dem rechten ein Omega zu sehen, die ersten und die letzten Buchstaben des griechischen Alphabets, die hier »Anfang und Ende« bedeuten: Gott (Christus) ist das »A und O« d.h. der Schöpfer und Vollender (vgl. Offenbarung 1,8; 21,6; 22,13).

Ein lebensgroßer Kruzifixus hängt zwischen zwei Fenstern der Südwand. »Mit ihm besitzt die Kirche wohl ihr bedeutendstes Kunstwerk, von frühgotischer Meisterhand ergreifend schön gestaltet!« schreibt Markus Otto.1 

Als Erkennungszeichen und Ausdruck der Würde einer Pfarrkirche galt lange Zeit der Taufstein. Das schöne Taufbecken unserer Kirche, das in alter Schrift die Jahreszahl 1494 trägt, ist mit drei Wappen verziert. Das größte zeigt im gevierten Schild zweimal die Hirschstangen aus dem Stammwappen der Grafschaft Württemberg und zweimal die Mömpelgarder Barben, die Figur des damals zu Württemberg gehörenden linksrheinischen Gebiets, also das Wappen der weltlichen Herrschaft. Ein weiterer Wappenschild, mit einem M und einem Abtsstab belegt, weist auf das Kloster Murrhardt hin, das das Patronat der Januariuskirche besaß. Das dritte Wappen zeigt ein bis jetzt nicht identifiziertes so genanntes »Hifthorn«, das auch als Helmzier des Hauses Württemberg erscheint.

Eine kleine Taufkapelle entstand, als man bei der Kirchenrenovierung von 1963 das Taufbecken unter den spätgotischen Baldachin, der sich rechts vor dem Chorbogen befindet, stellte. Der Baldachin lehnt sich an den mit zwei Köpfen (denen des Stifters und seiner Gattin?) verzierten Treppenturm an. Im Schlussstein des Rippengewölbes befindet sich ein Bild des jugendlichen Evangelisten Johannes. Es zeigt ihn, wie er das Kreuz über dem Inhalt eines Kelches schlägt. Im beliebtesten Legendenwerk des Mittelalters, der von Jacobus de Voragine ca. 1270 verfassten Legenda aurea (Goldene Legende) lesen wir, dass Aristodemus, der »Oberpriester der Abgötter«, zu Johannes sagte: »lch will dir Gift zu trinken geben, bringt dir das keinen Schaden, so will ich glauben, dass dein Gott der wahre Gott ist.« Um Johannes zu quälen, ließ Aristodemus ihn vorher zusehen, wie zwei Verbrecher an dem Gift starben. »Darnach nahm Sanct Johannes den Kelch und machte das Kreuz darüber, und trank das Gift alles aus; und es schadete ihm nichts.« 

Das Pendant dieses Baldachins stand einst auf der nördlichen Seite. Der noch erhaltene Schlussstein mit einem Bild der gekrönten Maria mit dem Jesuskind ist in die Wand neben dem nördlichen Ausgang der Empore eingelassen worden.

Der figürliche Schmuck der holzgeschnitzten Kanzel von 1924 stammt von dem Marbacher Bildhauer Friedrich Wolff. Sie zeigt die vier Evangelisten mit ihren typischen Attributen: Matthäus mit dem inspirierenden Engel (Mensch),Markus mit dem Löwen, dem Symbol für Christus als Richter und Erlöser von Sünde und Tod, Lukas mit dem Stier, seinem Symbol für Opfergesinnung, und Johannes mit dem Adler, dem Symbol Christi für Auferstehung und Himmelfahrt. Besonders interessant ist die Darstellung des Matthäus, dem der beigegebene Engel das Evangelium zu diktieren scheint! Als einziger der Evangelisten ist Johannes, wie auf dem Schlussstein, als jugendlicher Typus dargestellt, weil er der »jüngste« Apostel war; ein kleiner Engel zeigt ihm sein zweites Attribut, den Kelch, der erst im 14. Jh. zu seinem Kennzeichen wurde. 

Quelle: »Erdmannhäuser Geschichte und Geschichten«, Dieter Duill

1Die evangelische Januariuskirche in Erdmannhausen, in: Hie gut Württemberg (Beilage zur LKZ), 36. Jg., 1985, Nr. 3 (7.9.1985).



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